http://schulscheune.de/index.php?p=showtopic&toid=3&pp=15&page=1

Druckversion / Zur Bildschirmversion





Forum
 Über Hochbegabung / Freizeit
        Internationaler Tag der Frauen in ländlichen Gebieten

Internationaler Tag der Frauen in ländlichen Gebieten

()



Janosik

(Samstag, 15.Okt 2011, 00:03)
Die Frau in den ländlichen Gebieten der Entwicklungsländer besitzt kein Land, kann ihre Familie nicht ernähren, kann keine Gesundheitsdienstleistungen in Anspruch zu nehmen und kann ihre Kinder nicht in die Schule zu schicken.

Die Frau in den ländlichen Gebieten Deutschlands war in ihrem früheren Leben eigentlich eine Stadtfrau. Aber dann kam das erste Kind, aus der Frau wurde eine Mutter und sie musste einsehen, dass die Dame in der Wohnung nebenan allergisch gegen Kindergeschrei war. Der Mitbewohner unter ihr sah schon immer so aus, als warte er nur auf den Moment, wenn das Kind springen kann, um das Jugendamt zu benachrichtigen. Der Mitbewohner über ihr würde ihr in spätestens fünf Jahren eine Klage wegen des Klavierspiels um 19:30 Uhr anhängen. Also kaufte die Frau einen Hof und zog aufs platte Land. Die ersten Jahre verlebte sie friedlich und hatte Zeit, noch ein paar Kinder mehr in die Welt zu setzen.

Weil der nächste Kindergarten so weit weg war, behielt sie die Kinder zu Hause und erfuhr Jahre später zufällig auf einem Seminar über frühkindliche Bindung, dass sie genau das Richtige getan hatte. Ein Kind unter drei Jahren erlebt jede Trennung von seinen Eltern als Trauma, weil Kinder in dem Alter echt noch zu blöd sind, um zu kapieren, dass sie nur frühkindliche Bildung erhalten sollen. Als dann das erste Kind in die Schule kam, änderte sich nicht viel, sie brachte es früh mit dem Rad in die drei Kilometer entfernte Schule.

Die Frau und Mutter in den ländlichen Gebieten Deutschlands mutierte zu einem Multitalent, als alle ihre Kinder eine Schule besuchten. Ganz früh versorgte sie die Kaninchen und Hühner, dann packte sie Berge von Broten für ihre Kinder ein. Sie fuhr erst 30 Kilometer in die eine Richtung, kehrte um und fuhr dann 25 Kilometer in die andere Richtung. Als sie die Kinder in den Schulen abgeliefert hatte – die nahe Dorfschule war längst geschlossen worden – bereitete sie das Mittagessen vor, füllte es in verschiedenfarbige Thermosbehälter und sauste los, um Kind für Kind wieder einzusammeln. Während die Kinder auf den Rücksitzen die Thermosbehälter leerten, steuerte sie die Musikschule des Nachbarkreises an, ließ zwei ihrer Kinder aus dem Auto springen und fuhr weiter zur Sporthalle, wo der Rest ihrer Kinder Handball trainierte. Abends fuhr sie das jüngste Kind noch zu einem Auftritt der Tanzgruppe.

Sie war froh, dass sie weder alt noch krank war und ein Auto lenken konnte, denn an den beiden Bushaltestellen ihres Dorfes hielt nur noch einmal wöchentlich ein Bus. Drei Kilometer weiter, im nächsten Dorf, fuhren zwar Züge, aber die Taktzeit war schon vor Jahren auf zwei Stunden erhöht worden.

Die Frau und Mutter in den ländlichen Gebieten Deutschlands legte viele Kilometer zurück, fuhr mit ihren Kindern zum Arzt, zum Einkaufen, zu Behörden. Da blieb ihr keine Zeit mehr, für sich selbst Gesundheitsdienstleistungen in Anspruch zu nehmen. Auch ihren Garten vernachlässigte sie mehr und mehr, so dass kaum noch eigenes Gemüse auf dem Küchentisch landete. An einer Volksabstimmung hätte sie gern teilgenommen, unterließ es aber, weil es einige Stunden gekostet hätte.

Sie sehnte den 17. Geburtstag ihres ältesten Kindes herbei – dann würde sie sich fahren lassen. Am 15. Oktober ist der Internationale Tag der Frau in ländlichen Gebieten, er wurde 2008 von den Vereinten Nationen ins Leben gerufen.

Liebe Grüße
Janosik

Copyright © 2008-2011 by Alicius Schröder. Alle Rechte vorbehalten.